Freitag, 4. Dezember 2015

Adventskalender - Türchen 4

Willkommen zu Tag 4 des Adventskalenders :) Heute mit einer tollen Autorin, die ihre Nachtahn-Reihe im Bookshouse Verlag veröffentlicht und für die heute ein ganz besonderer Tag ist .. .Übrigens .. nicht nur für sie, sondern auch für Fans ihrer Reihe ;)
Ihr wisst sicher schon, von wem ich rede, oder? Richtig, heute bei mir zu Gast:


Vorweg möchte ich mich schon einmal herzlich bei dir bedanken, liebe Sandra, dass du dich meinen Fragen gestellt hast und dir die Mühe gemacht hast, sie so ausführlich zu beantworten. Ohne dich und deine Autorenkollegen hätte dieser Adventskalender niemals entstehen können.



Stelle dich doch bitte in ein paar Sätzen selbst vor.



Hallo zusammen, ich bin Sandra und Phantastik-Autorin aus dem Norden. Wie man an meinen ersten Büchern unschwer erkennen kann, habe ich einen Hang zu Vampiren und anderen übernatürlichen Wesen, lebe aber ansonsten ein ganz normales Leben in einem ländlichen Vorort, mit Mann und zwei Kindern.



Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Das ist schwer zu sagen. Ich habe schon als Jugendliche geschrieben, es dann zwischendurch aus den Augen verloren und irgendwann wieder angefangen. Ich denke, wenn man das Autorengen hat, kommt man zwangsläufig zum Schreiben zurück und die kreative Energie kann man nur für eine gewisse Zeit umleiten.


Was machst du, wenn du gerade nicht schreibst?

Ich bin halbtags beschäftigt als Büroangestellte und habe nebenbei noch eine historische und fantastische Schneiderei, zu der ich momentan allerdings eher selten komme. Dennoch versuche ich, immer wieder auch Zeit fürs Nähen zu finden. Gerade zu Halloween und Fasching ;)

Welche Frage wolltest du schon immer einmal gestellt bekommen? Hier darfst du sie auch gleich beantworten.

Puh, das kann ich so gar nicht sagen. Ich zitiere einfach mal einige Fragende, die mich live auf Convention gesehen haben „Sind die Zähne echt?“ …

Übrigens könnt ihr Sandra nicht nur auf Facebook besuchen. Sie führt auch noch einen schönen und abwechslungsreichen Blog und würde sich sicher über euren Besuch freuen :) 



Wie feierst du Weihnachten?

Mit der Familie, klar. Vormittags wird der Baum geschmückt, nachmittags geht es zum Krippenspiel in die Kirche, dann gibt es ein leckeres Festessen aus Ente (die wir ganz klassisch hier beim Bauern um die Ecke gekauft haben), Rotkohl und Rosenkohl, alle sitzen schön zusammen und für die Kinder machen wir es immer spannend, bis sie endlich die Geschenke auspacken können.

Welche drei Dinge dürfen bei einem perfekten Weihnachtsfest nicht fehlen?

Meine Familie, die Ente und, hm, damit hätte ich eigentlich auch schon alles.

Gibt es eine besondere Weihnachtserinnerung, die du mit uns teilen magst?

Meine Mama hat die Geschenke immer hinter verschlossener Tür unter den Baum gelegt und uns glauben machen, der Weihnachtsmann wäre durchs Fenster reingekommen. Wir mussten dann immer vor der Tür unseren Spruch aufsagen. Ich hab mich nie gewundert, wie der dicke Kerl durch das schmale Seitenfenster gepasst hat.


Wo schreibst du am liebsten?

Das Wo ist gar nicht entscheidend, sondern dass ich überhaupt zum Schreiben komme. Da ich mit zwei Jobs und Familie sehr wenig Zeit habe, kann ich überall schreiben – wenn ich Zeit finde.

Was darf bei dir während des Schreibens auf keinen Fall fehlen?

Meine Muse. Sonst wird’s nichts.

Liegt dir eines deiner Bücher/eine deiner Reihen besonders am Herzen?

Alle! Wirklich, ich liebe alle meine Bücher, aber die „Nachtahn“-Reihe ist mir als meine erste Veröffentlichung besonders ans Herz gewachsen.


Hier geht es zu den einzelnen Bänden:


Beschreibe dein Buch/deine Bücher/deine Reihe in drei Worten. Was macht sie besonders?

Düster, spannend, erotisch.


Dein Lieblingszitat aus einem deiner Bücher:


Hier noch ein Einblick in die Meinungen von Lesern (durch Klick aufs Bild kommt ihr zu den Rezensionen):

  



Was liest du selbst gern?



Fantasy und da natürlich immer wieder gern Vampirromane



Hast du ein bestimmtes Buch, das du mir und meinen Lesern ans Herz legen möchtest? Warum gerade dieses?



Ein bestimmtes nicht, sondern eher die Bitte, sich auch mal bei Kleinverlagen umzusehen, die nicht im Buchladen im Regal stehen. Das Internet macht es ja möglich und jeder Titel kann auch von einem Buchhändler bestellt werden. Es gibt so viele Schätze, die kaum einer kennt, was wirklich schade ist.



Hast du einen Buchtipp zur Weihnachtszeit?


Ganz uneigennützig kann ich euch „Blutsühne“, den vierten und letzten Band der „Nachtahn“-Reihe empfehlen. Er erscheint Anfang Dezember. Allerdings empfiehlt es sich, die anderen Bände vorweg zu lesen ;)


Oben habe ich ja bereits erwähnt, dass heute ein besonderer Tag für Sandra Florean ist. Denn genau heute erscheint "Blutsühne", der vierte Band ihrer Nachtahn-Reihe. 
Passend dazu hat sie euch eine Leseprobe zu eben jenem Buch mitgebracht:


(Solltet ihr die vorherigen 3 Bände nicht kennen, solltet ihr vielleicht lieber mit der Leseprobe zu Mächtiges Blut beginnen)

Kapitel 1 (Blutsühne)


Sam schloss die Tür zu ihrem Haus ab und fuhr mit dem Auto aus der Garage. In die Innenstadt brauchte man gut zwanzig Minuten, aber das störte sie nicht. Sie genoss das Leben auf dem Land, seit sie von einer nicht gekannten Tante das Reihenhaus geerbt hatte. Es war ein entzückendes Häuschen, schmal, aber dafür in die Höhe gebaut, wie man es in Südengland häufig fand. Mit einem winzigen Garten, der genug Platz zum Durchatmen bot und sogar ein umfangreiches Kräuterbeet hatte. Ihre Nachbarn waren überwiegend ältere Leute, die sie anfangs kritisch beäugt, aber mittlerweile ins Herz geschlossen hatten. Es war eine nette Dorfgemeinschaft, wo jeder jeden kannte und alles friedlich verlief. Ein bisschen, als würde die Zeit hier langsamer verstreichen. Das genoss sie, denn ihr Job in der Anwaltskanzlei war hektisch. Sie brauchte den Ausgleich, die Abgeschiedenheit, das Gefühl der Geborgenheit. 
   Sie parkte vor ihrem Lieblingsitaliener und ließ sich von dem älteren Kellner an den Tisch bringen. Hal erwartete sie bereits mit einem Lächeln. Ganz Gentleman stand er auf, gab ihr einen warmen Kuss auf die Wange und schob ihr den Stuhl hin. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und ein fliederfarbenes Hemd. Das helle Lila passte gut zu seiner sonnengebräunten Haut. Sein Haar war sehr kurz. Sam wusste, dass er sich nicht der vielen grauen Strähnen schämte, sondern es praktisch mochte. Hal war fünfzehn Jahre älter als sie, fast eins neunzig groß, hatte breite Schultern und war genau die Sorte Mann, die Sam mochte. Er sah trotz seines Alters blendend aus, seine Muskeln waren von harter Arbeit geformt, und er behandelte sie gut. Es war nicht so, dass er ein Pantoffelheld war, er respektierte sie. Selbst wenn sie stritten, blieb er sachlich. Er hörte ihr zu und ließ sie an seinem Leben teilhaben. Sie waren Freunde, Partner. 
   »Du siehst umwerfend aus in dem kleinen Schwarzen«, raunte er ihr über die Speisekarte hinweg zu. 
   Seine grauen Augen blitzten kurz auf. Auch wenn er nie in einem Lokal mit ihr knutschen würde, gab es stets eine sexuelle Spannung zwischen ihnen. Das hatte ihr von Anfang an an ihm gefallen. Und die erwachsene Art, mit der er Dinge anging. Er war kein von zu viel Testosteron gebeutelter Mittvierziger, der es noch mal wissen wollte. Hal liebte Sex, kam aber auch gut ohne klar. Er sprach offen aus, was er begehrte, und war bisher jedem ihrer Wünsche nachgekommen. 
   »Wenn du erst siehst, was ich drunter trage«, sagte sie in dem gleichen nüchternen Ton und warf ihm lächelnd einen Blick zu. 
   Er erwiderte das Lächeln und winkte den Kellner heran. Hal achtete darauf, was er aß. Sam war das ziemlich egal. Sie konnte essen, so viel sie wollte, und nahm doch nicht zu. 
   »Wie war dein Tag?«, fragte sie. 
   Er knöpfte sich das Jackett auf und strich sich die ebenfalls graue Krawatte glatt, ehe er von dem Geschäftsabschluss erzählte, auf den er die vergangenen Wochen hingearbeitet hatte. Er war ein erfolgreicher Bauunternehmer. Das war er vor allem, weil er hart dafür gearbeitet hatte und sich auch jetzt als Big Boss nicht zu schade war, mit anzupacken. Seine Mitarbeiter mochten ihn, und seine Geschäftspartner schätzten seine direkte, ehrliche Art. Sam hatte bereits einige dieser Leute kennengelernt. 
   Sie waren knapp zwei Jahre zusammen. Anfangs hatten sie es langsam angehen lassen. Sie hatten sich angefreundet und erst im Laufe der Zeit tiefere Gefühle füreinander entwickelt. Es war keine alles verzehrende Liebe, sondern tiefe Zuneigung und das Wissen, einander vertrauen und miteinander leben zu können. Sam ließ alles auf sich zukommen. Sie hatte das Gefühl, nach Jahren der Rastlosigkeit endlich angekommen zu sein, und sie schaute nicht zurück. Es gab aber auch nicht viel, auf das sie zurückblicken konnte. Die Jahre, bevor sie nach Südengland gezogen war, waren wie mit einem Schleier belegt. Sie konnte sich an keine Einzelheiten erinnern. Sie wusste nur, dass sie lange krank gewesen war. Daher rührten die vielen Narben. Es war keine schöne Zeit gewesen, und sie hatte sie deshalb tief in sich vergraben. Jedes Mal, wenn sie versuchte, eine dieser Erinnerungen hervorzuholen, überkam sie ein ängstliches Frösteln, und sie schüttelte sich förmlich und ließ es bleiben. 
   Manchmal fragte sie sich, ob es diesen blonden Mann wirklich gegeben hatte, von dem sie so häufig träumte. Sie wusste weder seinen Namen noch, woher sie ihn kannte. Vielleicht war er keine reale Person, aber sie träumte immer wieder von ihm. Er war unglaublich groß und hatte die tiefsten blauen Augen, die man sich vorstellen konnte. Überhaupt war er einfach zu schön, um wahr zu sein. Wie ein Filmstar. Wahrscheinlich hatte sie ihn mal irgendwo auf der Leinwand gesehen, und er hatte einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen, weil er so groß war und so schöne Haare hatte und weil … 
   »Hallo? Sam?« Hal sah sie fragend an. »Wollen wir zu dir oder zu mir fahren?« 
   »Entschuldige, ich war in Gedanken. Lass uns zu dir fahren. Ich brauch mal wieder ein heißes Bad.« 
   Hal lachte. »Wenn du mich lassen würdest, könnten wir auch bei dir einen Whirlpool einbauen.« 
   Sie standen auf und verließen zusammen das Restaurant, um dann getrennt zu Hals Wohnung in der Innenstadt zu fahren. Obwohl sie sich gut verstanden, bestand Sam auf ihren eigenen Haushalt. Hal hatte eine schöne, moderne Wohnung, die ihm gleichzeitig als Büro diente. Sam war gern dort. Vor allem, weil er das luxuriöseste Badezimmer hatte, das man sich vorstellen konnte. Als Selfmademan war die Installation für ihn natürlich ein Kinderspiel gewesen. 
   Aber sie mochte ihr Haus. Sie hatte diese entfernte Verwandte nicht gekannt, die ihr das Haus vermacht hatte, und es hatte niemanden gegeben, den sie nach ihr hätte fragen können. Ihre Eltern lebten nicht mehr, und andere Familienmitglieder gab es nicht. Nachdem sie das Haus gesehen hatte, hatte sie nicht lange gezögert. Sie liebte es. Ein Auto gehörte mit zum Erbe. Ein fast neuer Land Rover. Als sie kurz darauf noch den Job in der Anwaltskanzlei angeboten bekam, konnte sie es sich sogar leisten, dort zu wohnen. Es war wie ein Geschenk des Himmels.

»Weißt du, so gefällst du mir wesentlich besser als in dem Anzug. Obwohl auch der echt heiß aussah«, rief sie Hal hinterher, als er ins Badezimmer ging, um ihr ein Bad einzulassen. 
   Sie hatten sich wild und ausgiebig auf dem Küchentisch geliebt. Sam blieb auf der blank polierten Oberfläche liegen und sah ihm hinterher. Er besaß die klassische Bauarbeiterbräune. Brauner Nacken und Arme bis dahin, wo das T-Shirt anfing, und den knackigsten Arsch, den sie je an einem Mann gesehen hatte. 
   »Guckst du mir schon wieder auf den Hintern?«, fragte er über die Schulter hinweg und verschwand hinter der Badezimmertür. Im Bademantel kam er wieder, den er jedoch nicht zugebunden hatte. 
   »Jetzt nicht mehr«, antwortete sie und rekelte sich lasziv auf der kalten Oberfläche. 
   Hal hatte den Tisch vor ein paar Tagen im Boden verankert, damit sie nicht immer damit durch die ganze Küche wanderten. Ein Handwerker im Haus war praktisch. 
   »Eigentlich wollte ich so ein bisschen Eindruck schinden«, erwiderte er und beugte sich kurz über sie, um sie zu küssen. »Um das hier zu tun.« 
   Er holte eine kleine Schachtel aus der Tasche seines Bademantels und legte sie ihr auf den nackten Bauch. Sam nahm sie argwöhnisch in die Hand und setzte sich auf. Hal stand zwischen ihren Beinen und ließ seinen Blick über ihren Körper wandern. Sie sah die Begierde in seinen Augen und die Zuneigung. Beides kannte sie bereits, doch es war noch etwas Anderes darin. Etwas Ernstes. Als er tief Luft holte, überkam Sam eine sonderbare Beklemmung. 
   »Weißt du, du bist die aufregendste Frau, die jemals nackt auf meinem Küchentisch gelegen hat«, begann er und lächelte. »Okay, eigentlich bist du die einzige Frau, die jemals nackt auf meinem Küchentisch gelegen hat. Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt. Dass du weiterhin hier auf meinem Tisch liegst. Also, nicht die ganze Zeit. Aber doch, na ja, also … ach, Mist!« 
   Sam stieß ein kleines Lachen aus, und Hal schlug den Bademantel vorn zu, um seine erneute Erektion zu verbergen. Er sah sie ernst an. 
   »Sam, ich möchte dich bitten, meine Frau zu werden.«

*

Jayden wusch sich die Hände, strich sich die Haare glatt und verließ das Hotelzimmer. Sein Opfer, eine Blondine aus Deutschland mit einem fürchterlichen Dialekt, lag in den zerwühlten Laken und schlief. Ihre Angst war köstlich gewesen und ihr Blut auch. Er hatte ihr Gedächtnis gelöscht, nichts würde an ihn erinnern, sobald sie aufwachte. Sie würde sich ein wenig schwach und benommen fühlen aufgrund des Blutverlustes und wund an Stellen sein, an denen sie wahrscheinlich noch nicht allzu häufig wund gewesen war, aber ansonsten würde sie sich an nichts erinnern. Wozu auch? Er hatte seinen Spaß an ihr gehabt, wie immer. Sie durfte weiterleben, was sonst eher selten geschah. 
   Anfangs war er beinahe sanft mit seinen Opfern umgegangen, doch das war nicht das Gleiche. Er brauchte ihre Angst. Nur das befriedigte ihn. Irgendwann schaltete er die gefühlvolle, von Gewissensbissen gebeutelte Seite aus. Danach konnte er die Todesangst in den Augen seiner Opfer wieder genießen, aber er ließ keines von ihnen am Leben. Er konnte ihr Gebettel, ihr Geheule, selbst ihre Furcht danach nicht ertragen. Er hasste sich dafür. Noch mehr hasste er sie dafür. Die Frau, die eine Saite in ihm zum Klingen gebracht hatte, die er nicht hören wollte. 
   Den Türknauf noch in der Hand hielt er inne. Die Sache mit Sam hatte ihn lange verfolgt. Obwohl er sie liebte, hatte er ihr die Erinnerungen genommen und ihr ein geregeltes Leben verschafft. Zu viel hatte sie von Vampiren wie ihm erleiden müssen. Hätte sie als Vampirjägerin weitergemacht, hätte sie unweigerlich den Tod gefunden. Bald und unter Garantie schmerzhaft. Das hatte er ihr erspart. 
   Jayden stieß sich von der Tür ab und ging gemächlich den Gang hinunter. Er würde keinen Gedanken mehr an die Blondine, die er gerade beinahe sechs Stunden lang gefickt und zu Tode erschreckt hatte, verschwenden. An die Andere auch nicht. Die, nach der er unbewusst seine Opfer aussuchte. Die er unbedingt aus seinem Kopf bekommen musste. 
   Jahrelang war er damit beschäftigt gewesen, sich die Frau auszutreiben, die ihn verwandelt hatte. Mary, das manipulative Miststück. Mit ihr hatte er erkannt, wie nah Hass und Liebe oftmals beieinanderlagen. Und wie wenig sich diese beiden Emotionen voneinander unterschieden. Beides konnte einen antreiben und gleichzeitig zugrunde richten. Als er Mary traf, war er gerade von Zuhause abgehauen. Eigentlich war sie nicht sein Stil gewesen. Sie war zwar hübsch mit ihren feuerroten Haaren und den großen Brüsten, aber sie war ungebildet und wirkte bäurisch auf ihn. Jayden kam aus gutem Hause, sah blendend aus, war sportlich und ein Einserschüler. Mary passte nicht zu ihm, aber der Sex mit ihr war bahnbrechend. Sie war hemmungslos, ohne Sinn für Anstand und derart versaut, dass er Probleme hatte, mit ihr mitzuhalten. Sie trieb es auf jede nur erdenkliche Weise mit ihm und anderen. Nachdem er wusste, was sie war, ergaben auch die gewöhnungsbedürftigen Blutspiele einen Sinn. 
   Als sie ihn verwandeln wollte, war er so high von ihrem Blut und stundenlangem Sex, dass er zu allem Ja gesagt hätte. Danach wurde alles anders. Durch seinen Durst hatte sie ihn komplett in der Hand. Sie liebte es, ihn zu quälen, ihn dursten zu lassen, während sie vor seinen Augen andere fickte und deren Blut trank. Nicht nur das. Sie zwang ihm Dinge auf, die er normalerweise nicht getan hätte. Es waren abartige, unmenschliche Dinge, für die er sich noch Jahrzehnte später verabscheute. Sie benutzte ihn und jeden, den sie in die Finger bekam, für ihre Zwecke. Nicht nur, um ihre abartige Lust zu befriedigen. Wie oft hatte er jemanden mit seinen bloßen Händen ermorden müssen, damit sie sich in dem Blut des Toten buchstäblich suhlen konnte. Wie ein Tier hatte sie ihre Opfer ausgeweidet und sich ihr Blut auf den nackten Körper geschmiert, das er hatte ablecken müssen. Wenn er sich anschließend in Krämpfen am Boden wand, weil ihm das Blut nicht bekommen war, hatte sie ihn bestiegen oder ausgelacht. Nicht nur einmal hatte er seinen Körper dafür verflucht, dass er auf ihre Reize reagierte. Hätte er keinen mehr hochbekommen, hätte sie ihn in Frieden gelassen. Wahrscheinlich hätte sie ihn geschlagen oder ihn anderweitig gequält, aber zumindest hätte er sie dann nicht mehr nackt und feucht auf sich spüren müssen. 
   Anfangs hatte er geglaubt, Mary zu lieben und von ihr geliebt zu werden, doch sie war zu so einem Gefühl nicht fähig. Mit ihrem Neid auf das Glück und die Zufriedenheit anderer, ihrem unstillbaren Hass auf ihren Schöpfer Dorian und ihrer abgrundtiefen Grausamkeit zerstörte sie ihn Stück für Stück. Als er sich von ihr losmachen konnte, war nicht nur sein Körper tot. Seine Schwester Jil brachte ihm etwas Frieden, aber nicht für lange. Auch sie entwickelte sich zu einer unbarmherzigen, gewissenlosen Bestie, die ihn ebenfalls für ihre Zwecke und ihre Lust benutzte. Wann seine Liebe zu ihr in Hass umgeschlagen war, wusste er nicht. Er hatte sie lange gesucht, nachdem sie verschwunden war. Aus Pflichtbewusstsein und weil er nicht allein sein wollte. Tief in seinem Inneren hatte er gehofft, er wäre sie los. Für immer. 
   Das alles wurde ihm bewusst, als er mit Dorian und Louisa zusammenlebte. Zu was für einem Ungeheuer er geworden war und mit welcher Art Monstern er sich bisher umgeben hatte. Dorian und Louisa waren anders. Sogar Dorian war mit den Jahren menschlicher geworden, ohne dadurch weniger Furcht einflößend zu wirken. Sie hatten ihm ein Heim geboten, ein Zuhause. Er vermisste sie. Ohne sie war er wieder das, was Mary aus ihm gemacht hatte. Ein Killer, der von der Angst seiner Opfer lebte. 
   Er durchschritt die helle Lobby und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Zeit, Eric abzuholen. Mit dem Taxi ließ er sich zu einem verlassenen und halb verfallenen Werksgelände bringen. Es war eine Fabrik für Billigspielzeug, die vor Jahren stillgelegt worden war. Jetzt fanden in den baufälligen Lagerhallen Techno- und Mangapartys statt. Heute war jedoch alles ruhig, wenn man nicht genau hinhörte. Er durchquerte eine große Halle, in der noch der Geruch nach schwitzenden Menschen in der Luft hing, die sich hier am Wochenende vergnügt hatten, und ging in den Keller. Ein verzweigtes Tunnelsystem ohne Markierungen, in dem sich jeder nicht Eingeweihte zwangsläufig verirrte, brachte ihn zum eigentlichen Schauplatz. Ein Kellergewölbe, das vor Jahrzehnten als Lagerraum für große Kriegsmaschinerie benutzt worden war. Der Lärm der begeisterten Menge und der dicke, schwere Geruch nach Schweiß, Blut und Tabak waren wie eine zähe Masse, durch die sich Jayden mühsam hindurchzwängen musste. In der Halle, die etwa so groß war wie ein Fußballfeld, waren mehrere Reihen Stühle um ein Podest in der Mitte verteilt. Es erinnerte an eine Boxarena, nur dass es aus Beton gegossen war, und zwischen die vier Eckpfeiler aus rohen Stahlträgern, wie man sie beim Bau von Hochhäusern verwendete, waren dicke Stahlseile gespannt. Hier fanden Kämpfe aller Art statt. Vor allem Vampirkämpfe. Über die Hälfte der Anwesenden waren Vampire. Der Rest wollte einer werden, gehörte zum Veranstalterteam oder war zur falschen Zeit am falschen Ort. 
   Im Ring standen sich zwei Vampire blutend und keuchend gegenüber. Der eine war ein riesiger japanischer Kämpfer mit der Statur eines Sumoringers und dem Grinsen eines Raubtieres. Er spie Blut und einen Fetzen Haut aus, den er seinem Gegenüber aus der Schulter gerissen hatte. Eric stand breitbeinig vor ihm und machte auffordernde Gesten. Wobei ihm der linke Arm nicht mehr zu gehorchen schien. Er stand in einem merkwürdigen Winkel vom Ellenbogen ab und war wahrscheinlich gebrochen. Eric hatte sein T-Shirt ausgezogen und war eine imposante Erscheinung. 
   Diese Vampirkämpfe waren der neueste Schrei in Ostasien. Es hatte sich eine ganze Liga mit mehreren Klubs herausgebildet, die sich gegenseitig zu überbieten versuchten. Erics Gegner war einer ihrer Stars. Ausländer hatten hier generell schlechte Chancen, denn auch wenn es strikte Regeln gab, hielten sich diese verdammten Schlitzaugen selten daran. Wie auch jetzt, als der fette Sumo Eric mit seiner Vampirkraft niederdrückte, um ihm so heftig ins Gesicht zu schlagen, dass Jayden hören konnte, wie sein Schädel brach. Erics massiger Körper, der durch die ungezählten Kämpfe noch mehr gestählt war, schlug hart auf dem kalten Beton auf. Jayden wusste, er würde nicht lange liegen bleiben. Louisas Blut hatte ihm eine erstaunliche Selbstheilungskraft verliehen. Nicht so enorm wie Dorians, aber so gut, dass er nie lange verletzt blieb. Den Schmerz musste er dennoch aushalten. Das kümmerte Eric jedoch nicht. 
   Eric hatte ein neues Ventil gefunden, um seine Scham, seine Trauer und seine Wut auf sich herauszulassen. Er wusste, dass er allein schuld daran war, dass Louisa ihn weggeschickt hatte. Ihm war klar, dass keine Entschuldigung oder Beteuerung, es nie wieder zu tun, ausreichte, damit sie ihm vergab. Das hatte er alles schon durch. Tagelang hatte er bei Louisa angerufen, nachdem Jayden ihn fortgeschleift hatte. Sie hatte nicht einmal mit ihm geredet. Dorian war es, der versucht hatte, ihn zu beruhigen und ihm versicherte, Louisa würde ihm verzeihen, wenn er sie ein wenig in Ruhe ließe. Ausgerechnet Dorian! Irgendwann hatte Eric es begriffen. Zwei Jahre waren sie nun fort. Seit über einem Jahr machte Eric diese Vampirkämpfe mit. Zwei Jahre, und er vermisste sie wie am ersten Tag. Dabei waren sie nicht einmal zusammen gewesen. Sie war Dorian stets treu geblieben. 
   Eric vermisste auch seine Tochter. Die kleine Zoe. Dass er nicht bei ihr war, nicht sehen konnte, wie sie aufwuchs, quälte ihn sogar noch mehr. Wahrscheinlich ließ er sich deshalb immer zu Brei schlagen. Zoe sprach wenigstens mit ihm. Einmal die Woche telefonierten sie miteinander, und sie erzählte ihm, was sie erlebt hatte. Über Louisa sprachen sie nie. Nach diesen Telefonaten ging es Eric noch beschissener. Jayden glaubte nicht, dass er Todeswünsche hatte, aber manchmal hatte er Angst, einer seiner Gegner würde ihn umbringen. Entweder fair im Ring oder aus dem Hinterhalt in einer dunklen Gasse. 
   Dorian hatte sich geirrt. Es gab noch alte Vampire und die asiatischen Alten waren unberechenbar. Glücklicherweise hatten er und Eric einige von ihnen gefickt. Sie standen auf so große, breite Kerle wie ihn und Jayden. Jayden war sich dennoch sicher, sobald sie die Schnauze voll von ihnen hätten, wären sie schnell ihre Unsterblichkeit los. 
   Erstaunlicherweise hatte Eric nie wieder eine Sterbliche angerührt, um mit ihr zu schlafen. Auch bei Vampiren suchte er sich stets Frauen, die groß und kräftig waren. Als hätte er Angst, er würde wieder eine von ihnen aus Versehen töten, wie es mit Concetta geschehen war. Leider gab es von den größeren Frauen nicht allzu viele, weshalb er sich auf Männer verlegte oder überhaupt keinen Sex hatte. Letzteres war die Regel. Was dazu führte, dass er noch mehr unter Strom stand. 

   Ein heiseres Lachen ließ die Menge aufjohlen. Jayden betete, Eric würde einfach liegen bleiben und sich auszählen lassen. Stattdessen kam er blitzschnell auf die Beine und stürzte sich auf den Sumoringer, der ihm in seiner Überraschung nichts entgegenzusetzen hatte. Er schlug ihm die Rechte in den fetten Wanst, fegte den Ellenbogen einmal durch sein weißes fleischiges Gesicht und riss ihn in einer schnellen Bewegung am Genick von den Füßen. Mit einem klatschenden Geräusch landete der Vampir auf dem Boden. Eric stellte ihm einen Stiefel aufs Gesicht und drückte zu. Blut spritzte darunter hervor. Sein Gegner knurrte vor Schmerz auf. Er versuchte, sich unter Erics Stiefel zu befreien, doch Eris Fuß nagelte ihn förmlich an den Boden. Er würde nicht weichen. Der Sumo versuchte ein paar Mal vergeblich, ihn an den Beinen zu packen und umzuwerfen. Als es ihm nicht gelang, schlug er mit der flachen Hand auf den Beton neben sich. Eric nahm seinen Fuß von ihm und ließ die Schultern hängen. Der Kampf war vorbei. Auch wenn Eric wie so oft gewonnen hatte, schien er in sich zusammenzusinken. Jede Kampfkraft, jeder Elan wich mit dem finalen Gong von ihm und brachte ihn wieder an den Punkt, weswegen er überhaupt in den Ring gestiegen war. In seine persönliche Hölle.

Aus Platzgründen beschränke ich mich mal auf das erste Kapitel Aber wenn euch das noch nicht reicht, dann lest doch in die XXL-Leseprobe rein :)

Erzählt doch mal: Habt ihr schon etwas von der Nachtahn-Reihe gelesen? Was gibt es bei euch zu Weihnachten zu essen? 

Lasst gerne einen Kommentar da, mit allem, was ihr loswerden wollt ;)
Vergesst auch nicht das Weihnachtsgewinnspiel, zu dem ihr hier mehr lesen könnt und bei dem ihr noch bis zum 24.12.15 Lose sammeln könnt.

8 Kommentare:

  1. Guten Morgen Somaya,
    ich habe schon einiges von der Reihe gehört und sie klingt wirklich sehr vielversprechend. Irgendwann muss ich mich wohl mal dransetzen :P
    Liebe Grüße
    Charleen

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    1. Das solltest du :p
      Im Ernst, ich mochte die Reihe mit ihren Höhen und Tiefen :)

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  2. Guten Morgen :)
    Um die Reihe von Sandra Florean schleiche ich schon eine Weile rum, aber da mein SuB sich eher in einen SchuB (Schrank ungelesener Bücher) verwandelt hat, werde ich wohl noch etwas warten müssen :(
    Was es bei uns zu Weihnachten zum Essen gibt? Heiligabend gibt es ganz nach Tradition Kartoffelsalat und Würstchen. Für den 1 Feiertag gibt es Roulade, mit Klößen und Rosenkohl und für den 2. ist noch nichts geplant.
    Lieben Gruß Katja

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    1. Das Problem kenne ich, Katja ;) 9 Regalfächer voll mit ungelesenen Büchern und eBooks dazu *hust* Aber so gibt es zumindest immer genug Auswahl ;D
      Bei uns gibt es am 1. Feiertag vermutlich das Gleiche :D

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  3. Huhu,
    von der Nachtahn-Reihe habe ich bisher noch nichts gelesen. Interessant hören sich die Teile aber auf alle Fälle an :)

    Für mich gibt es zu Weihnachten vegane Ente, Rotkohl und Klöße :D

    Viele liebe Grüße
    Denise
    va_macao(at)web.de

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  4. Hallo alle zusammen.
    Leider habe ich noch nichts von der Nachtreihe gelesen. Nur ein paar Rezensionen dazu, darum denke ich, dass es langsam Zeit wird dafür. Bei mir wird es Knödel, Rotkohl und Linsenbratlinge geben. Das gibt es eigentlich jedes Jahr.

    Liebe Grüße Jeannine M.

    m.jeannine18@web.de

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    1. Ja, wenn du auf Vempirromane stehst, solltest du diesen sicher eine Chance geben ;)
      Linsenbratlinge klingen auch mal interessant :)

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